
Ein barfüßiger
Bursche wird bei Regen und Gewitter zu Dr. Garondet geschickt. Dieser
möge auf schnellstmöglichem Wege zum Schloss des allseits
gefürchteten Dr. Orloff kommen. Trotz zahlreicher Mahnungen
und des abweisenden Verhaltens derjenigen, die Dr. Garondet unterwegs
nach dem Weg fragt, kommt er schließlich nach einer gefühlten
halben Stunde bei dem Gemäuer an, wo man aber zunächst
gar nicht genau klären kann, wer ihn gerufen hat. Überhaupt
zeigt man sich von der Anwesenheit des Mediziners nicht sonderlich
angetan. Wie sich herausstellt, hat Dr. Orloffs Tochter Cécile
nach dem Arzt schicken lassen, denn in dem Anwesen geschieht allerlei
Sonderbares, worüber sie dringend mit ihm sprechen möchte.
Aber Orloff höchstselbst hält schließlich nicht
lange damit hinter dem Berg, dass er sich mit einem durch und durch
gewagten Experiment zwecks Schaffung eines Unsichtbaren beschäftigt
hat. Mehr noch: den folgsamen unsichtbaren Begleiter lässt
er zum Beweis seiner Behauptungen Aufgaben erledigen, die Dr. Garondet
durchaus einiges Staunen abnötigen. Doch hinter der Fassade
des biederen Erfinders lauert natürlich fürchterlicher
Schrecken, denn der Unsichtbare benötigt Menschenblut zum Überleben,
und Dr. Orloff hat keinerlei Skrupel, ihm dies in ausreichender
Menge aus dem Dorf zu besorgen. Dafür lässt er zahlreiche
Menschen kaltblütig verschwinden. Und auch seinen ungebetenen
Gast gedenkt er nun auf diese Weise zu entsorgen. Dr. Garondet wird
jedoch durch Cécile gerettet und der Unsichtbare entpuppt
sich als haariger Affenmann, der am Ende völlig durchdreht,
alles blindlings ermordet und schließlich das Schloss in Brand
steckt. Was der eiserne Schürhaken nicht schafft, den Dr. Garodnet
dem Monster gegen Ende beherzt über den Kopf zimmert, erledigt
im Morgengrauen schließlich eine Meute wilder Jagdhunde.

IN DEN KRALLEN
DES UNSICHTBAREN ist mit den Zutaten für ein würdiges
und durchaus spannend anzurichtendes Finale ausgestattet, aus denen
sich, wie andere Werke ja unlängst gezeigt haben, etwas machen
lässt. In Pierre Chevaliers Film indes zeigt sich die Spannungskurve
beinahe wie waagerecht mit dem Lineal gezogen – und das trotz
seiner ohnehin recht geringen Länge. Das muss an sich nichts
Schlechtes sein, wenn denn wenigstens der Rest stimmt. Doch statt
Atmosphäre und guter schauspielerischer Leistungen brilliert
der Film vor allem mit laienhaften Nackedeiereien und einer nicht
konsequent umgesetzten Handlung. Denn während im Grunde der
Handlungsstrang mit dem unsichtbaren Affenmonster eigentlich schon
genug ist, einen solchen Streifen zu füllen, reicht es bei
diesem Werk irgendwie nicht. Stattdessen wird zur Mitte des Films
auch noch Orloffs Tochter Cécile in den Mittelpunkt des Interesses
gerückt: Cécile, die an einer Herzschwäche leidet,
verstirbt. Und weil Orloff ihr jede Menge Geschmeide mit in den
Sarg gibt, ruft dies die gierige Haushälterin (Isabel del Rio)
auf den Plan, die ihren wohlgeformten Körper einsetzt, damit
der notgeile Wildhüter Fernando Sancho ihr den Schmuck aus
der Gruft beschafft. Während des Diebstahls erwacht Cécile
dann allerdings, war sie doch nur scheintot. Der erschreckende Wildhüter
piekt sie noch mit einem Messer und für diese Frevelei droht
ihm Dr. Orloffs Rache, während Cécile überlebt.
Man erfährt allerdings zu keiner Zeit, inwiefern dies alles
der eigentlichen Handlung dienlich sein soll - außer natürlich,
die Ideenlosigkeit zu kaschieren und damit verbundene Längen
zu überbrücken. Davon bordet der Film auch sonst über,
was schon die erste Viertelstunde verdeutlicht, in der Dr. Garondet
in einer quälend langen Szene mit wütenden Wettern den
Weg zum Schloss bestreitet. Dieses überlange Segment ist ziemlich
schlecht getrickst, fällt der Regen doch immer nur direkt vor
der Kamera und lässt den Doktor erstaunlich trocken durchs
Unterholz wandern und das Schloss erreichen. Und das Monster entpuppt
sich schließlich als etwas lieblos in den Film einkopierter
Mann im preiswerten Faschings-Affenfummel, der recht statisch agiert,
weil die Maske wohl sonst verrutscht wäre.
Von Eurocine und der Familie Lesoeur ist man solche Unzulänglichkeiten
durchaus gewohnt, was aber nicht heißt, dass man über
sie trotz aller Erheiterung gerne hinwegsieht. Denn auch in diesem
Film gibt es natürlich auch einige durchaus stimmungsvolle,
gelungene Szenen, von denen man sich mehr gewünscht hätte.
Die jedoch gehen in dem Wust aus Torheiten vorschnell unter, und
statt mehr auf Stimmung zu bauen, vertraute man sichtlich eher dem
Zeigen von nackten Tatsachen. Dabei besteht die im Originaltitel
titulierte „vie amoureuse“ des Unsichtbaren vor allem
darin, dass der Affenmann der im Schloss residierenden Weiblichkeit
die Sachen vom Leibe reißt. Zudem lässt Orloff als Strafe
dafür, dass sie dem Arzt Einlass gewährt hat, die Dienstmagd
vom Unsichtbaren vergewaltigen, was sich so darstellt, dass die
Geschundene ein paar hinreißend schlecht vollführte Spasmen
im Stroh zum Besten gibt. Schwer zu sagen, welcher Sorte von Zuschauern
so etwas ein Eintrittsgeld wert war.
Man hat es mit dem Film schon nicht leicht. Im Grunde ist IN DEN
KRALLEN DES UNSICHTBAREN ein Werk, das man sympathisch finden möchte,
dessen reichlich vorhandener Blödsinn aber diesen wohlwollenden
Ansatz immer wieder zunichte macht. Leider hat der Film auch mit
dem ungleich besseren GRITOS EN LA NOCHE von Jess Franco bis auf
den Namen Orloff nicht viel gemein. Außer Howard Vernon natürlich,
der seine Paraderolle einmal mehr sehr ausdrucksstark spielt. Neben
ihm glänzt nur noch der dem Fachpublikum aus zahlreichen Italo-Western
hinlänglich bekannte Fernando Sancho, der in diesem Reißer
die vielleicht besten Großaufnahmen seiner ganzen Karriere
spendiert bekommen hat. Immerhin.
Neben einer „Erotik“-Fassung wurde von IN DEN KRALLEN
DES UNSICHTBAREN für die prüderen Märkte auch eine
Fassung ohne nackte Tatsachen gedreht. Die entsprechenden Stellen
sind im Film mangels alternativer Schauwerte kürzer. Der Laufzeitunterschied
wurde mit einigen weiteren Lückenfüllerbildern gestopft.
So rennt Dr. Garondet zu Beginn noch etwas länger durch den
Wald, eine kleine Bootspartie wird zur Flucht aus dem Schloss gereicht
und – für die Logik eigentlich unverzichtbar –
man sieht, wie der gerufene Mediziner den Wildhüter aus seinem
Verließ befreit. Im Anschluss an diese Befreiung gibt es auch
noch eine Szene mit dem unsichtbaren Wesen mehr zu sehen. Wenn all
das den Film auch nicht wirklich besser macht, ist es doch zu bedauern,
dass man diese zum Teil wichtigen Szenen dem auf Miez & Mops
spezialisierten Bahnhofskinopublikum nicht auch spendiert hat.
Text
und Titelgrafik: molotto
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