
Graf Satana, ein
- will man den Angaben der Macher trauen - direkter Nachkomme des
Grafen Dracula, hat von Dr. Seward, der beherzten Van Helsing-Variante
für schmale Geldbeutel, mit einem Holzpflock die Lebenslampe ausgeblasen
bekommen. Damit scheint eigentlich der Bann des Vampirs gebrochen
und in Transsilvanien könnte man in Frieden leben. Dies ist allerdings
nicht im Sinne des finistren Dr. Exortio, der nicht nur einen künstlichen
Menschen geschaffen hat, sondern auch davon träumt, eine vampiristische
Überrasse zu züchten. Mit diesem Ziel verschafft er sich zutritt
zu Graf Satanas Ruhestätte und transferiert das Blut eines jungen
Mädchens in den toten Vampir. Wieder quicklebendig eilt Graf Satana
erneut umher und beißt in allerlei Hälse. Nachdem Dr. Sewing von
einer in wunderlichen Dingen kundigen Hexe auf das verbrecherische
Treiben von Dr. Exortio aufmerksam gemacht wurde, ist er nur noch
von dem Wunsch besessen, die Vampirbrut samt dem irren Arzt endgültig
zu stoppen. Gut überdies, dass ihm auch ein Werwolf zur Hilfe eilt,
der ebenfalls etwas gegen Satana und Dr. Exortios Kunstmenschen
hat. Nachdem das Vampirgezücht allerdings in reiner Blutgier Exortios
Diener Morpho leergesaugt hat, wird der Wissenschaftler so fuchsteufelswild,
dass er die verbrecherischen Kreaturen selbst in die ewigen Jagdgrüde
schickt. Ebenso verfährt er mit seinem Kunstmenschen, der im Kampf
mit dem Werwolf unterlag. Zu guter Letzt muss auch der böse Doktor
selbst sein Leben lassen und der Film ist aus.

Zum Glück möchte
man da fast sagen, denn in dem 80minütigen Flickwerk geht es gehörig
drunter und drüber. Von einem roten Faden weit und breit keine Spur.
Einzig Howard Vernon als Graf Satana verschafft dem Film ein wenig
Würde. Ansonsten schien Franco bei diesem Film eher uninspiriert
herumgewerkelt zu haben: Transportiert uns der Film zunächst in
eher viktorianische Gefilde, tauchen schon in der nächsten Szene
Autos aus den 60er Jahren des gerade verblassten Jahrhunderts auf.
Und während elektrischer Strom gänzlich ein Fremdwort zu sein scheint,
hantiert der üble Exortio bereits zwei Szenen weiter mit ausrangiertem,
elektronischen Gerät aus Weltkriegsbeständen herum. Die "Nachtaufnahmen"
finden zuweilen beim Schein einer strahlenden Nachmittagssonne statt.
Nächtliche Atmosphäre wird dafür auf der Tonspur nachgereicht: Vom
Käuzchen bis hin zum Geschrei tropischer Affenarten ist fast alles
vertreten. Die Affen schreien übrigens auch ab und zu mal tagsüber...
Genau genommen schreien sie in fast jeder Szene... Wie bei Franco
üblich, gibt es von DIE NACHT DER OFFENEN SÄRGE eine Version mit
viel nackter Haut und eine mit sittsam bekleideten Frauen. Die in
Deutschland veröffentlichte Fassung entspricht dabei entgegen dem
Trend der entschärften, internationalen Version. Überdies sind die
Namen Frankenstein (=Exortio) und Dracula (=Satana) aus dieser Fassung
getilgt worden, um lizenzrechtliches Gerangel gar nicht erst aufkommen
zu lassen. Die Musik von Bruno Nicolai lässt sich auch in Jesus
Franco Maneras exquisitem EL CONDE DRÁCULA (NACHTS, WENN DRACULA
ERWACHT, 1968) wiederfinden, was für beide Streifen allerdings nicht
von Nachteil ist, da die Musik durchweg gut bekommt. Von unglaublicher
Darstellungskraft zeugt insbesondere der von Howard Vernon dargestellte
Vampir. Man fragt sich durchaus, warum er neben Lugosi und Lee nicht
einen gleichwertigen Stellenwert in dieser Rolle erreichte. Britt
Nichols, die auch schon für Amando de Ossorio in LA NOCHE DEL TERROR
CIEGO (DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN, 1971) hineinlief und für
Franco in VAMPYROS LESBOS (1970) sowie CHRISTINA, PRINCESSE DE L'ÉROTISME
(EINE JUNGFRAU IN DEN KRALLEN VON ZOMBIES, 1971) umherirrte, spielt
ihre Rolle als Vampir mit einer gewissen Routine. Sehr gut gefällt
dann höchstens noch das Wiedersehen mit dem bei Franco fast zum
Inventar gehörenden Dennis Price. Der tut das, was er am besten
kann: Mit stummer Miene in der Ecke stehen und meistens aus dem
Off sprechen (lassen). Warum allerdings Jess Franco die Rolle des
Dieners Morpho wie sonst so oft nicht selbst spielt (siehe u. a.
VAMPYROS LESBOS), sondern diesmal Luis Barboo (dem von den Templern
dahingerafften Schrankenwärter aus EL ATAQUE DE LOS MUERTOS SIN
OJOS (DIE RÜCKEHR DER REITENDEN LEICHEN, 1973) wirr brabbeln lässt,
mögen die Götter wissen. DIE NACHT DER OFFENEN SÄRGE ist nicht durchgehend
wirklich schlecht - schon gar nicht angesichts der versammelten
Schauspielerschar. In einigen (allerdings wenigen) Szenen gelingt
es Franco durchaus, Stimmung aufkommen zu lassen. So sind insbesondere
die Innenaufnahmen von Satanas Gruft sehr düster und beklemmend
unheimlich geraten. Versaut wird der Film jedoch insbesondere durch
den wirklich mit der Brechstange gefertigten Monster-Mix. Spätestens
wenn sich Exortios Kreatur, die sicherlich nicht von ungefähr große
Ähnlichkeiten zum Monster karloff'scher Prägung aufweist, mit dem
Mummenschanz-Werwolf kloppt, geht wirklich alles den Bach runter.
Mal ganz davon abgesehen, dass man durch die irrsinnige Story von
Anfang an eh in kaum befriedigender Weise durchzublicken vermag.
Insofern ist bei DIE NACHT DER OFFENEN SÄRGE statt klammer Grabcontainer
im redensartlichen Sinne eher Polen offen. DIE NACHT DER OFFENEN
SÄRGE entstand übrigens zeitgleich mit dem fast identisch besetzten
LES EXPÉRIENCES ÉROTIQUES DE FRANKENSTEIN (DAS BLUTGERICHT DER GEQUÄLTEN
FRAUEN), in dem sich neben Frankenstein und Hexengewürm auch wieder
Franco selbst in der Rolle des Dieners Morpho tummelt.
Text
und Titelgrafik: molotto
|
|








|