NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT
EL CONDE DRÁCULA
LES NUITS DE DRACULA, DRACULA ’71, NIGHTS OF DRACULA, DRACULA NO. 1, COUNT DRACULA, IL CONTE DRACULA, BRAM STOKER’S DRACULA, LE COMTE DRACULA, VERENHIMOINEN DRACULA
1969
(BR)Deutschland/Spanien/Italien
79 min. 44 sec. (dt. Fassung), 70 min. 36 sec. (engl. Fassung)
Corona-Filmproduktion/Fenix Film/Filmar
Jesus Franco Manera
Harry Alan Towers (Produzent), Arturo Marcos (ausführender Produzent)
Erich Kröhnke, Bram Stoker (Romanvorlage 'Dracula'), Milo G. Cuccia (italienische Fassung), Carlo Fadda (italienische Fassung), Augusto Finocchi, Jesus Franco, Harry Alan Towers (als Peter Welbeck), Dietmar Behnke (deutsche Fassung)
Manuel Merino
Bruno Nicolai
Sergio Pagoni
Graf Dracula
Christopher Lee .... Count Dracula
  Herbert Lom .... Prof. Abraham Van Helsing
  Klaus Kinski .... R.M Renfield
  Soledad Miranda .... Lucy Westenra
  Maria Rohm .... Mina Murray
  Fred Williams .... Jonathan Harker
  Paul Muller .... Dr. John Seward (als Paul Müller)
  Jack Taylor .... Quincey Morris
  Jesús Puente .... Innenminister
  José Martínez Blanco .... Reisender/Stimme von Dr. Seward in der spanischen Version (als J. Martinez Blanco)
  Emma Cohen .... Vampirfrau (ungenannt)
  Jesus Franco .... Van Helsings Diener (ungenannt)
  Teresa Gimpera .... Weinende Mutter(ungenannt)
  Jeannine Mestre .... Vampirfrau (ungenannt)
  Moisés Augusto Rocha .... Diener hinter Prof. Van Helsings im Rollstuhl (ungenannt)
Toppic (VHS, Deutschland), Jünger Video (VHS, Deutschland), 4front (VHS, UK), GB-Video (VHS, Italien), Cinema Supply (DVD, Japan)
_______________________________________________________________________
   

Der angehende Anwalt Jonathan Harker ist nach Transsylvanien unterwegs, wo er sich wegen einer Grundstücksangelegenheit mit dem Grafen Dracula treffen will. Andere Reisende und auch die Wirtsgattin eines in der Nähe des Schlosses des Grafen gelegenen Rasthauses warnen Jonathan vor Dracula, etwas ungeheuer Böses laste auf diesem Namen. Auf Schloss Dracula wird der Anwalt von seinem Gastgeber allerdings gut aufgenommen und untergebracht. Doch dann häufen sich die merkwürdigen Ereignisse: In der Nacht dringt durch das Fenster in Jonathans Zimmer eine große Fledermaus herein, der er sich nur knapp erwehren kann und dann hämmert eine einsame Frau ans Tor des Schlosses und verlangt die Herausgabe ihres angeblich geraubten Kindes. In tiefen Schlaf versunken wird er außerdem von Vampirfrauen besucht, die allerdings von Dracula weggeschickt werden, der den Engländer ganz für sich will. Die Frauen dürfen ihre Gier an einem kleinen Kind stillen. Wieder bei Sinnen entdeckt Jonathan, dass er in dem Gemäuer gefangen ist. Bei seiner Suche nach einem Ausgang entdeckt er eine alte Gruft, in der der Sarg von Dracula steht, und darin den Grafen. Überwältigt von diesem Anblick stürzt er sich wild davonlaufend aus einem hohen Fenster. Er erwacht in der Klinik von Dr. Van Helsing in Budapest (dt. Fassung, in der internationalen Fassung liegt die Klinik in London) im Beisein des Arztes Dr. Seward. Da Jonathan in den Augen des Doktors nur wirr phantasiert, soll er bis zur vollständigen Genesung in der Klinik verbleiben, allerdings hat Van Helsing bereits nach Jonathans Verlobter Mina schicken lassen, die zusammen mit ihrer Freundin Lucy auch schleunigst anreist. Doch niemand weiß, dass sich just gegenüber der Klinik in einem alten Gemäuer der Graf Dracula eingenistet hat, den angesichts der beiden jungfräulichen Damen unbändige Gier packt. Schon in der ersten Nacht setzt er Lucy unter seinen Bann und lässt sie gar zu sich ins Gemäuer schlafwandeln. Allerdings kann Mina ihr folgen und findet sie wenig später zusammengebrochen in dem halb verfallenen Haus. Wie Van Helsing feststellen kann, hat Lucy Bisswunden am Hals. Er befürchtet das Schlimmste und lässt Lucys Verlobten, Quincey Morris, anreisen, der Lucy Blut spenden soll. Doch auch das rettet die unter Draculas Bann Stehende nicht mehr, jede Nacht besucht sie nun der Vampir und tötet sie Schritt für Schritt. Bei seinem letzten Besuch wird Dracula allerdings von Mina überrascht und flieht, trotzdem gibt es für Lucy keine Rettung mehr und sie stirbt. Als wenig später Van Helsing, mit den Forschungen auf dem Gebiet der schwarzen Magie bestens vertraut, von einem rätselhaften Mord an einem Kind auf dem Friedhof, auf dem Lucy beerdigt liegt, in der Zeitung liest, unterrichtet er den inzwischen vollkommen genesenen Jonathan und Quincey Morris, was zu tun sei. Sie unternehmen einen nächtlichen Ausflug in die Gruft, in der Lucys Sarg steht, und finden diesen leer vor. Kurz nach Sonnenaufgang kehren sie zurück und müssen entdecken, dass Lucy nun mit blutverschmierten Mund in ihrer Kiste liegt - die Annahme Van Helsings erweist sich als richtig. Kurzerhand pfählt Van Helsing den Vampir und lässt ihn von Quincey zudem köpfen. Außerdem äußert er den Verdacht, dass sich Dracula in unmittelbarer Umgebung befinden muss, wobei ihnen sofort das alte Nachbarhaus einfällt. Sie dringen dort ein, finden mit Erde gefüllte Kisten und weihen, wie von Van Helsing gewünscht, das ganze Haus, um eine Rückkehr des Vampirs zu dieser Ruhestätte zu verhindern. In einem letzten aufbäumenden Akt versucht Dracula nun, sich Minas zu bemächtigen. Bei einer Operngala fällt er sie in der Loge an, kann allerdings von Jonathan und Quincey, die von der Sache im letzten Augenblick Wind bekommen haben, verscheucht werden. Doch in der darauffolgenden Nacht versucht Dracula noch einmal, sich an Minas Blut zu laben, wird aber von dem im Zimmer wachenden Van Helsing erneut verscheucht. Daraufhin flieht Dracula mit Hilfe von einigen Zigeunern zurück in seine Heimat Varna. Morris und Harker jagen ihm hinterher und gelangen vor ihm im Schloss an. Nachdem sie alle in dem Gemäuer schlummernden Bräute Draculas gepfählt haben, verjagen sie die inzwischen mit Draculas Kisten anreisenden Zigeuner und stecken den Sarg des Vampirs in Brand. Dracula stirbt in den Flammen jämmerlich und wird zum krönenden Abschluss von den beiden Helden mitsamt seiner lichterloh brennenden Kiste über die Burgmauer geworfen.

Man muss es schon unumwunden zugeben: Jesus Franco Manera ist ganz bestimmt nicht der beste Mann für die Verfilmung eines der größten Klassiker der Schauerliteratur - und dementsprechend sieht der Film auch aus. NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT trägt ganz klar die Handschrift seines Regisseurs, der sich, anstatt eine eigene, zumindest halbwegs packende Version von Bram Stokers Roman erzählen zu wollen, in den Nebensächlichkeiten seiner vornehmlich mit der Handkamera eingefangenen Bilder und der ungenutzten Präsenz der zugegebenermaßen sehr hübschen Riege an echten Weltstars vertüddelt. Und so verkommt der für den Roman ungemein wichtige Charakter des irren Renfield bei Franco zu einer fast vollkommen unbedeutenden Figur, der wahrscheinlich nur deshalb ein etwas größerer Platz in dem Film eingeräumt wurde, weil sie von Klaus Kinski wirklich grandios dargestellt wird. Was hätte jeder andere Regisseur auf der Welt allein aus dieser Konstellation für einen Nutzen gezogen! Franco hingegen lässt solcherlei Potential sehenden Auges verpuffen, womit er aber zumindest seinem für dieses Schauerstück eingeschlagenen Weg treu bleibt, denn auch mit dem Parade-Dracula ChristopherLee sowie Herbert Lom als Van Helsing weiß er im Grunde nicht viel anzufangen. Beide Figuren stapfen - Dramatik hin, Spannung her - fast immer gleichmütig durch die Szenen und sagen ihre Dialoge auf. Mehr ist da leider nicht zu holen. Zu NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT wurde insbesondere von dem findigen Briten Harry Allen Towers, der den Film in Bram Stokers Heimatland in die Kinos brachte, das bis heute gern rezitierte Märchen in die Welt gesetzt, dass Francos Film die mit weitem Abstand werkgetreueste Verfilmung des Dracula-Stoffes darstellt. Ein Horn, in das selbst der sonst zuweilen erschreckend konservative Katholische Filmdienst kräftig bläst. Doch das kann man so kaum stehen lassen, zu groß sind die Unterschiede zwischen Roman und Film in diesem Fall. Denn allein wenn Franco zu Beginn einen neuen Charakter hinzuerfindet (den bahnreisenden Geschäftsmann), aus Draculas muffigem, mit allerlei Zeugs vollgestelltem und stets überheiztem Schloss eine total leergeräumte und bitterkalte Ruine macht und aus dem Grafen selbst statt eines mit dämonischer Energie und brillanter Intelligenz ausgestatteten Untoten einen eher ermatteten und von kaum spürbarer Zielstrebigkeit beseelten Piefke werden lässt, wird Stokers Vorlage kaum getroffen. Und diese Aufzählung ließe sich noch beliebig fortsetzen, aber allein die Tatsache, dass die deutsche Kinofassung – ganz im Gegensatz zu den anderen Sprachversionen des Films – die Haupthandlung von London nach Budapest verlegt, spricht ja bereits Bände. Bram Stokers Roman wimmelt zudem vor spannungsgeladenen Höhepunkten, von denen Franco – traurig aber wahr - nicht einen einzigen umgesetzt hat. Und dass sich Christopher Lee, der sich zumindest optisch den Bedingungen von Stokers Buch weitestgehend unterworfen hat, zudem ausbedungen habe, in diesem Film nur mitzuwirken, wenn man sich eng an die Vorlage halten würde, mag man nach seiner ernüchternden Darstellung auch nicht mehr so recht glauben. Die jedoch desaströsten Mängel des Films offenbaren sich - wie bei Franco nicht unüblich - bei Formalia wie den Nachtaufnahmen. Francos „Nachtaufnahmen“ sind wie immer bei Tageslicht entstanden und nur deshalb als solche auszumachen, weil er wie so oft in seinen Werken die nächtliche Geräuschkulisse eines ganzen Urwalds auf der Tonspur erschallen lässt, wobei es immer wieder aufs Neue erstaunt, wie lärmerfüllt bei Franco die Nächte sind. Doch während dieser Umstand bei seinen anderen Filmen noch unter der künstlerischen Freiheit abbuchbar wäre, setzt Franco hier ernstlich die Stimmung aufs Spiel. Zur Ehrenrettung muss man aber anmerken, dass bei NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT wiederum viele kleinere Details stimmen, denen in bisherigen Filmfassungen des Stoffes kaum oder gar keine Beachtung geschenkt wurde, so beispielsweise die von den Vampiren immer wieder verübten Morde an Kindern. Wie bei einem Film von Jess Franco fast zum guten Ton gehörend, gibt es von NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT mehrere, sich zuweilen massiv unterscheidende Fassungen. Vergleicht man einmal die deutsche Videofassung mit der britischen Kinofassung, so ergeben sich neben einem gehörigen Laufzeitunterschied zugunsten der deutschen Fassung zahlreiche Detailänderungen. Während in der britischen Fassung zum Beispiel die komplette Szene im Gasthaus in Varna fehlt, ist aus der deutschen Version - aus welchen Gründen auch immer - Jonathans Ankunft und Begrüßung in Draculas Schloss genommen worden. Die britische Fassungen wurde auch um ein paar spärliche Blutspritzereien erleichtert, sowie um die Frau, die am Schloss die Herausgabe des offensichtlich von Dracula geraubten Kindes verlangt. Sämtliche Szenen, die von der dämonischen Präsenz des Grafen zeugen sollen, sind bei Towers Version zudem mit vielen über das Filmbild kopierten, mal mehr, mal weniger stark durchscheinenden Schwarzweiß-Aufnahmen von Fledermäusen „verziert“. Außerdem hat sich Towers der Unsitte der damaligen Zeit hingegeben und streckenweise Bruno Nicolais durchweg sehr hörenswerte Musik aus dem Film genommen und durch irgendein nichtssagendes Gedudel ersetzt. Insgesamt ist NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT trotz seiner oftmals himmelschreienden Unzulänglichkeiten ein durchaus interessanter Beitrag zur Dracula-Welle - zumindest für Komplettisten und all diejenigen, die sich näher mit den verschiedenen Verfilmungen von Stokers Roman auseinandersetzen wollen. Für Otto Normalverbraucher funktioniert NACHTS, WENN DRACULA ERWACHT wohl dann am besten, wenn man sich von vornherein mit dem Gedanken anfreundet, statt einer Romanverfilmung einen reinrassigen Franco ohne wenn und aber vorgesetzt zu bekommen. Ein generelles Gefallen an Herrn Francos Präsentationsart mitzubringen darf als Verpflichtung verstanden werden.

Text und Titelgrafik: molotto

 

 

_______________________________________________________________________

     
     
_______________________________________________________________________
 
nach oben

     

 

copyright © 2001 - 2010 monstrula.de
impressum/anbieterkennzeichnung - haftungsausschluss - kontakt